Der Name ist sozusagen Programm: Der Frauenmantel wird traditionell den Frauenheilpflanzen zugeordnet. Das Kraut soll eine schützende, „ummantelnde“ Wirkung auf die Gesundheit der Frau ausüben. Deshalb sind die meisten Einsatzgebiete der Heilpflanze auf den Körper der Frau abgestimmt. Wer jedoch ihre allgemeinen Wirkungen außer Acht lässt, verschenkt einiges vom Gesundheitspotential, das der Frauenmantel für Frau und Mann haben kann.
Eine Heilpflanze stellt sich vor: Was ist Frauenmantel?
Frauenmantel zählt zu den Rosengewächsen (Rosaceae). Wer jetzt eine wunderschöne Blüte vor Augen hat, wird allerdings herb enttäuscht: Das Wildkraut kommt optisch eher bescheiden daher. Von Mai bis September blüht die mehrjährige Staudenpflanze mit unscheinbaren, gelb-grünlichen Blütenständen und präsentiert ihre aparte Rosenschönheit nur bei sehr genauer Betrachtung.
Die Blätter erinnern in ihrer Form an einen ausgebreiteten Mantel, der angeblich auch dem Umhang der Gottesmutter Maria auf alten Heiligenbildern ähneln soll. Der lateinische Name der Heilpflanze lautet „Alchemilla vulgaris“. Ein Name, um den sich eine interessante Legende rankt: Auf den Blättern der Pflanze sammeln sich nämlich zur Regulation des internen Wasserhaushalts Wassertropfen (so genannte Guttation), die im Morgenlicht golden schimmern können. Alchemisten sprachen dieser Flüssigkeit besondere Heilkräfte zu, manche glaubten gar, es handele sich tatsächlich um Gold oder könne bei der Herstellung des Unsterblichkeitswassers helfen. Daher gaben sie dem Pflänzchen den Namen Alchemilla, „kleiner Alchemist“.
Was steckt drin im Frauenmantel
Der Frauenmantel synthetisiert im Wesentlichen folgende Inhaltsstoffe, die in allen oberirdischen Pflanzenteilen zu finden sind (Blätter, Stängel, Blüten):
- Gerbstoffe (vor allem Tannine)
- Flavonoide
- Glykoside
- Saponine
- Bitterstoffe
- ätherische Öle
- Salicylsäure
- Alkaloide
- Vitamine B und C
- ungesättigte Fettsäuren
Die Gerbstoffe gelten als Hauptwirkstoffe des Frauenmantels. Sie sind zu einem hohen Anteil enthalten. Gerbstoffen wird eine hohe Heilkraft zugesprochen. Sie wirken nachgewiesenermaßen adstringierend, reizmildernd, entzündungshemmend, blutstillend, bakterizid, fungizid, leicht lokalanästhetisch. Salicylsäure ist ein natürlicher Schmerzstiller. Ätherische Öle werden häufig bei Atemwegserkrankungen eingesetzt.
Hervorzuheben sind außerdem die Phytohormone der Pflanze. Frauenmantel besitzt eindeutig hormonähnliche Wirkungen, die dem Progesteron entsprechen. Damit ist Alchemilla vulgaris prädestiniert zur Beeinflussung von Beschwerden, die durch Hormonschwankungen hervorgerufen werden. Inwiefern die enthaltenen Wirkstoffe des Frauenmantels tatsächlich in pharmakologisch wirksamen Mengen enthalten sind, gilt es noch weiter zu erforschen. Oft geht die Gesamtwirkung einer Heilpflanze auch über die Einzelwirkung von isolierten Wirkstoffen hinaus.
Gesundheitliche Anwendungsgebiete der kleinen Alchimistin
Heilpflanzen haben es oft schwer, sich durch belastbare wissenschaftliche Studien als anerkanntes Arzneimittel zu beweisen. „Wer heilt, hat Recht“ ist deshalb immer nur ein Indiz für die Wirksamkeit einer traditionellen Heilpflanze, aber eben kein Beweis. Lassen Sie uns also schauen, was der Frauenmantel laut Wissenschaft, Tradition und Legende zu bieten hat.
Gesicherte Anwendungsgebiete
Die maßgeblichen Bewertungskommissionen des BfArM (Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte) benennen in ihren Monographien lediglich ein einziges gesichertes Anwendungsgebiet für Alchemilla vulgaris. Aufgrund der adstringierenden Wirkung der enthaltenen Gerbstoffe und Flavonoide sieht die Kommission E eine gesicherte Wirkung bei leichtem, unspezifischem Durchfall. Das Frauenmantelkraut (Alchemillae herba) soll als „zerkleinere Droge für Aufgüsse und Abkochungen sowie andere galenische Zubereitungen zum Einnehmen“ in einer Dosis von 5-10 Gramm Droge täglich wirken. (1) Die Kommission D sieht als Einsatzgebiet von Alchemilla vulgaris entsprechend den chronischen Durchfall, speziell bei Lebererkrankungen, anwendbar in „entsprechenden Zubereitungsarten“. (2)
Traditionelle Anwendungsgebiete – ärztliche Erfahrungsheilkunde und
Volksmedizin
Die Volksnamen einer Heilpflanze geben meist sehr brauchbare Hinweise darauf, welche Verwendung traditionell üblich war oder noch ist. „Frauenhilf“ weist auf die diversen Einsatzgebiete bei Frauenleiden hin. Auch Milchkraut, Liebfrauenmantel, Weiberkittel oder Frauentrost weisen in diese Richtung. Daher hat der Frauenmantel seinen Ruf als absolute Frauenheilpflanze. (3) Der Name „Ohmkraut“ bezieht sich auf die hautpflegenden, entzündungshemmenden Wirkungen („Ohm“ = Altdeutsch für entzündete Hautstelle). Sehen wir uns die traditionellen Anwendungsgebiete – abseits der bereits erwähnten Magen-Darm-Probleme – etwas genauer an:
- Frauenbeschwerden, die in Zusammenhang mit hormonellen Schwankungen stehen
können (z. B. Wechseljahresbeschwerden, Zyklusstörungen, Unterstützung der
Wehentätigkeit vor Geburten, Steigerung der weiblichen Fruchtbarkeit, Förderung
der Milchbildung in der Stillzeit) - Beschleunigung der Wundheilung
- Linderung von entzündlichen (inneren) Vorgängen
- Besserung von Haut- und Schleimhautentzündungen
Phytosterine sollen auch cholesterinsenkende Effekte besitzen. Mit Hilfe von Packungen oder Umschlägen können angeblich auch rheumatische Beschwerden gelindert werden. Gesichert ist das allerdings keineswegs. (4) Selbst eine „Seelenwirkung“ wird dem Heilkraut der Legende nach zugeschrieben.
Die praktische Anwendung von Frauenmantel
Was weitgehend unbekannt ist: Alchemilla vulgaris kann nicht nur als Heilkraut, sondern auch in der Küche verwendet werden. Hier die gängigsten Anwendungsmöglichkeiten:
• Verwendung in der Küche
Frauenmantelblätter haben einen angenehmen, säuerlichen und leicht bitteren Geschmack. Verwendet werden immer die jungen Blätter, die in Wildkräutersuppen oder –salaten eine schöne frische Note entfalten. Ein Auszug aus den Blättern, die abgekocht und abgekühlt werden („Frauenmantelwasser“), schmeckt gemischt mit Fruchtsäften aus Apfel, Birne oder Kirsche sehr gut Trockene Blätter schmecken nicht, sie entfalten ein sehr strenges Aroma.
• Anwendung als Heilkraut
In der Regel wird der Aufguss, also ein Tee für die innere und ein stärkerer Sud für die äußere Anwendung genommen. Frauenmantel kann als getrocknetes Kraut gekauft werden, pur oder als Teemischung mit anderen Heilkräutern. Drei Tassen Tee, der etwa 10 Minuten gezogen hat, sind die übliche tägliche Dosis. Der Sud kann auch als Gurgellösung bei Entzündungen im Hals-Rachen-Raum verwendet werden. Sitzbäder sollen bei Unterleibsbeschwerden helfen. Die positive Wirkung auf die Haut wird äußerlich durch das Auftragen des kalten Aufgusses auf die betroffenen Hautregionen oder als Bestandteil von Salben und Cremes genutzt.
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Nebenwirkungen und Gegenanzeigen?
Der Frauenmantel als Gartenbewohner
Die Heimat des Gewöhnlichen Frauenmantels ist Europa, Asien und Nordamerika. Die Variante Alchemilla alpina (Silbermäntelchen) wächst bevorzugt in den Höhenlagen der Schweizer Berge. Die anspruchslose Pflanze fühlt sich in unserem Klima sehr wohl, mag es halbschattig und will gut gegossen werden. Sie kann sich eingeschlechtlich fortpflanzen (parthogenetisch), kann also Samen bilden ohne
vorherige Bestäubung. Daher verbreitet sie sich rasch durch Selbstaussaat. Es ist also kein Problem, sie in unseren heimischen Gärten zu kultivieren. Erntezeit ist während der gesamten Blütezeit. Als besonders wirksam gelten jedoch die Pflanzen, die in der Zeit nach dem 15. August (Mariä Himmelfahrt), in den so genannten „Frauendreißigern“ gesammelt werden. Sowohl das frische wie das getrocknete Kraut kann dann als Aufguss verwendet werden.
Fazit
Quellen
(1) Monographie BGA/BfArM (Kommission E): Erscheinungsdatum Bundesanzeiger:
18.9.1986., Heftnummer: 173., ATC-Code: A09AX.
(2) Monographie BGA/BfArM (Kommission D): Bundesanzeiger Nr. 22 a vom 3.2.1988
(3) siehe hierzu: Fischer, Heide: Frauenheilpflanzen. Nymphenburger 2006
(4) siehe hierzu: Oberbeil, Klaus: Kräuter und Gewürze als Medizin. Systemed
2011
(5) Takır S. et al.: Vasorelaxant and blood pressure lowering effects of
alchemilla vulgaris: A comparative study of methanol and aqueous extracts. 2015
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25709228
Bildquellen
- frauenmantel-tee: 123rf saphira
- frauenmantel-blaetter: Pixabay DanielWanke
- frauenmantel-moerser: Pixabay Edith_E_I
- frauenmantel-blueten: Pixabay KRiemer